Manchmal hilft es, länger zu trauern. Manchmal aber auch nicht!
Wenige Tage nach dem Tod von Rocky I war klar, dass ich in der Trauer versinke, wenn nicht irgendetwas passieren würde. Es war am folgenden Sonntag, als ich durch´s Internet schlenderte, um mal sooo zu gucken, welche Hunde in den umliegenden Tierheimen leben. Komischerweise und lieber Leser, das fällt mir jetzt erst auf, kam ich gar nicht auf den Gedanken, nach einem Welpen Ausschau zu halten.Ich kann Ihnen nicht sagen, warum. So duerchstöberte ich die Internetseiten der Tierheime. Im "Angebot" waren viele große, nicht ganz nette Hunde. Mmmmh ... der ist nichts, der passt auch nicht und der ist dann wieder zu klein. Ja, der aus dem Tierheim Hodenhagen, der könnte passen! Und dann entdekcte ich auf der Seite einen Hinweis auf einen "Tag der offenen Tür". Und dieser Tag war genau heute .-)
Soviel Zufall konnte es doch gar nicht geben. Also, Cindy geschnappt und rein ins Auto. Kurze Zeit später war ich beim Tierheim Hodenhagen. Es herrschte reger Betrieb. Von einer Mitarbeiterin wurde ich freundlich begrüßt. "Was suchen Sie denn", fragte Sie. Ganz selbstverständlich antwortete ich: "Ein Kamel." Nun guckte sie mich doch etwas verwirrt und fragend an.Ich konnte sehen, was sie dachte. "Entschuldigen Sie bitte", antwortete ich. "Ich war gerade so in Gedanken. Für mich sind Hunde irgendwie alle Kamele. Also, ich suche einen Hund." Sie lachte und nickte mir zu. "Schauen Sie sich ruhig um. Wenn Sie Fragen haben, wenden Sie sich gerne an uns", sagte die Mitarbeiterin. Es waren viele Hunde dort. Jeder verkaufte sich auf seine Art. Der eine bellte laut, der andere zeigte, dass er einen Einbrecher beißen könnte. Oder auch seinen neuen Besitzer?
Mit meinem heutigen Wissen wäre ich vollkommen anders an die Sache herangegangen. Damals jedoch hatte ich dieses Wissen nicht und war unsicher, nach welchen Kriterien ich einen Hund aussuchen sollte. Ich kam zum nächsten Hund, der gleichzeitig bellte, die Zähne fletschte und ans Gitter sprang. Und genau das war der Hund, den ich im Internet zum Favoriten gekrönt hatte. Klasse ...
Obwohl mein Wissen über Hunde ziemlich begrenzt war, wußte ich zumindest zu diesem Zeitpunkt schon, dass dieser Hund nicht einfach so mitlaufen werden wird. Und dann war da ja noch Cindy. Und ob das mit den Beiden klappt ... ?
Ich schlenderte weiter. Jeder einzelne Hund berührte mein Herz. Einen Augenblick mal. Was ist denn das für´n Kerl? In der hintersten Ecke eines Zwingers saß zusammengekauert so ein schwarz braunes Ding. "Hey, wer bist Du denn? Komm doch mal her", sprach ich ihn an. Lieber Leser, ich dichte hier nichts dazu. Es war einfach so, wie ich es schreibe. Das Hündchen kam und legte seine Pfote auf das Gitter des Zwingers. Beim besten Willen, ich bin wahrscheinlich auch nur ein Mensch und so, wie sich dieses Hündchen zeigte, ging es gar nicht anders. Ab zur Mitarbeiterin, Träne wegwischen, lächeln und los: "Entschuldigen Sie, was ist denn das für ein Hund? Ach so, der heißt Buddy. Kommt von einem Bauernhof, wo er an der Kette leben durfte. Äh musste. Ein Jahr alt. Wäre es denn mal möglich, den Buddy im Freilauf zu sehen? Ja in fünf Minuten. Perfekt. Ach, kann ich meine Hündin dazu holen? Ja? Super. Dann bis gleich."
So ging ich zu meinem Auto und holte Cindy. Die Cindy! Hoffentlich geht das man gut ...
Ich betrat den Freilauf und setzte mich auf eine Bank. Cindy hielt ich an der Leine dicht bei mir. Nun kam die Mitarbeiterin mit Buddy. "Na, ich lass den Buddy mal laufen", sagte sie. Hoffentlich geht das gut, dachte ich. Buddy rannte nun in einer Geschwindigkeit in einer Art Umlaufbahn, dass ich ihm mit meinen Augen fast nicht folgen konnte. Cindy sah mich fragend an und, das muss man sich mal vorstellen, kroch zu mir auf die Bank. Sie schien mich zu fragen: "Was ist das denn für´n Bekloppter?" Heute kann ich das Verhalten Buddys erklären. Damals fand ich die Frage von Cindy aber berechtigt. Was für ein verrückter Hund! Irgendwie ganz süss .-)
Kurz und knapp. Solch einen vollkommen verrückten Hund musste ich natürlich mitnehmen. Wir vereinbarten eine Art zweiwöchige Probezeit. Dann solle ich nochmal vorbei kommen und wir würden den schriftlichen Teil erledigen. Von Anfang an war Buddy ein Traumhund. Ich vergaß Rocky I nicht, aber hatte eine neue Aufgabe. Buddy und Cindy lenkten mich ab, was manchmal gar nicht so schlecht ist.
Zwei Wochen später packte ich die Hunde ins Auto und fuhr ich abermals nach Hodenhagen, so, wie es vereinbart war. Es war ein schöner, sonniger Tag. Nachdem ich das Tierheim ereeichte, ging ich mit Buddy zum Eingangstor. Cindy wartete im Auto mit halboffenen Fenstern. Ich schwöre jeden Schwur der Welt, dass es sich so zugetragen hat, lieber Leser. Als ich am Eingangstor des Tierheims klingelte war ... schwupps ... Cindy neben mir. Sie schien zu sagen: "Vergiss das mal schön. Buddy lassen wir nicht hier, der kommt mit!" Ja, ist ja okay, aber wie kam Cindy aus dem Auto? Es gibt nur eine Erklärung, nämlich die, dass sie aus dem halbgeschlossenen Fenster gesprungen sein muss. Das hatte ich ja noch nie erlebt!
Und ab hier ist die Geschichte schnell erzählt. Buddy bereitete mir sehr viel Freude. Cindy und Buddy waren sofort und für immer ein Traumpaar. Meine ungarische Bracke war nur etwas sehr mäckelig, was ihn auszeichnete. Nasser Rasen? Ach nein. Futter? Ja, mal schauen, ob es meinen Ansprüchen genügt. Auf´s Sofa, wo vorher ein anderer lag? Neee, mein Fell könnte an Glanz verlieren. Meine Güte, was für ein Hund ... Das brachte ihn den Namen "Sir" ein. Buddy war ein Prachtkerl, aber immer ein bisschen abfragender als andere.
29.12.2023
Gerade ist es passiert.
Schon ist es zwanzig Minuten her.
Jetzt sind es bereits 15 Stunden.
Irgendwann wird es damals gewesen sein.
... aber vergessen werde ich Dich niemals!
B U D D Y ,
gestern noch von der Einschläferung beim Tierarzt davon gekommen, hieß es:
"Er muss fressen, sonst sehen wir uns morgen wieder."
Aber er frisst nicht. Ich trage ihn hoch. Lege ihn neben mir ins Bett und streichle meinen Schlubi. Er hechelt. Ich lüfte etwas. Drücke den Wassernapf tief in die Matratze. Sein Kopf fällt fast rein. Er trinkt.
Jawoll!
Den Tag wird er überleben. Aber was dann? Er ist 15 Jahre alt. Doch zum Einschläfern?
Ich trage meinen Freund nach unten. Er müsste nochmal Pipi machen. Sein Kopf hängt tief. Ich setze ihn auf den Rasen. Seine Beine zittern. Er legt sich hin und schaut mich an. Wieder nach oben. Ich kuschel mich zu ihm. Er hächelt wieder. Atmet flach. Es ist weit nach Mitternacht. Meine Augen fallen langsam zu. Plötzlich atmet er tief ein und aus. Nochmal. Und nochmal. Dann herrscht Ruhe. Sein Kopf zu mir gewandt. Die Augen geöffnet.
Ich streichle meinen Schluboten. Ein Meer von Tränen verlässt mein Gesicht. Du hast es geschafft. Ich habe Dich verloren.
Ich trage meinen Hund wieder runter. Lege ihn in einen separaten Raum. Ziehe die Bettwäsche ab, die nicht mehr ganz sauber ist. Wie egal mir das doch ist.
Ben darf sich als erstes verabschieden. Er schnüffelt kurz und wendet seinen Kopf zu mir. Rocky stellt sein Fell auf. Die Körpersprache eines toten Halbbruders ist schwierig zu lesen. Er schnuppert ihn intensiv ab und kommt zu mir.
B U D D Y,
Du warst mein bester und ehrlichster Freund. Liebe Grüße an Cindy. Ich komme nach.
In unendlicher Dankbarkeit,
Dein Hundepapi